Corona in Worms Symbolbild

Sind Migranten an der hohen Inzidenz in Worms schuld?

In anderen Städten bereiten sich derzeit Gastronomie, Einzelhandel, Sportcenter, Schwimmbäder, Saunen, Theater und Opern auf eine kurz bevorstehende Wiedereröffnung vor. Nicht so in Worms. Während die Corona-Inzidenz in Deutschland fällt (heute 58, Tendenz fallend; Quelle: RKI), verharrt sie hier seit Monaten über 100 (heute 119, Tendenz steigend; Quelle: Stadt Worms). Und viele Menschen fangen an, sich zu fragen warum das so ist. Nervosität dürfte sich im Rathaus breit machen.

Was für eine Erleichterung muss jetzt im Magistrat herrschen, da die Wormser Zeitung heute gleich mit mehreren Veröffentlichungen ("In diesem Wormser Stadtteil gibt es die meisten Corona-Fälle", "Warum die Corona-Zahlen in Worms nicht nach unten gehen" und "Kommentar zu Corona und Migranten: Fatale Folgen") den Sündenbock präsentiert: Die Ausländer bzw. Menschen mit Migrationshintergrund sind schuld an den hohen Corona-Zahlen.

Das ist natürlich Unfug. Mainz (Inzidenz 56), Mannheim (67), Frankfurt (50), München (39) haben einen weit höheren Anteil sowohl an Ausländern als auch an Menschen mit Migrationshintergrund. Selbst Offenbach, die Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil in Deutschland überhaupt, steht mit einer Inzidenz von 71 (Tendenz stark fallend) weit besser da als Worms.

Den vermeintlich hohen Ausländeranteil als Grund für die Wormser Misere hinzustellen, ist also ganz offensichtlich nicht haltbar. 10 Minuten Recherche hätten bei der Wormser Zeitung zu diesem Ergebnis führen müssen.

Es gibt natürlich Zusammenhänge. Beispielsweise ist die Bevölkerungsdichte ein Epidemie-Treiber, und Großstädte sind daher generell härter betroffen. Es gibt auch sicher einen Zusammenhang zwischen dem Anteil an Migrationshintergründlern und Inzidenz. Warum manche Städte diese Wechselwirkungen in den Griff bekommen und andere nicht liegt jedoch an der jeweiligen Politik – Stichworte Integration und Stadtentwicklung1. Der Zeigefinger der WZ weist also in die falsche Richtung. Anstatt auf Stadtteile zu deuten, sollte er aufs Rathaus zeigen.

A propos Zeigefinger. Auch in Mainz gab es Forderungen, das Inzidenz-Geschehen nach Stadtteilen aufzuschlüsseln. Man nahm dort davon Abstand, um Fehlschlüsse und Spaltung zu vermeiden. Vielen Dank auch, liebe Wormser Zeitung, für Fehlschlüsse, Spaltung und kontraproduktive Ablenkung von den wahren Ursachen.


Fußnote: Wer sich für Kritik an der Integrationspolitik der Stadt Worms – insbesondere hinsichtlich Corona – interessiert, kann sich die Protokollniederschrift des Beirats für Migration und Integration vom 22.04.2021 durchlesen: https://www.buergerinfoworms.de//si0057.php?__ksinr=1687 (dort unter Dokumente).

Titelbild: basierend auf Bild von iXimus auf Pixabay

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