Corona-bedingte Arbeitslosigkeit in Worms

Arbeitslosenzahlen für Worms und die wahren Verlierer der Pandemie

Arbeitssuchende in Worms

Das Arbeitsamt ("Bundesagentur für Arbeit") veröffentlichte heute den Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt für Januar 2021. Wir haben uns die Zahlen für Worms angesehen und versuchen zu verstehen, was sie aussagen.1

Januar 2021Veränderung zu Januar 2020
Arbeitslose4.138+831
Arbeitslose SGB III1.614+344
Arbeitslose SGB II2.524+487
Arbeitslosenquote8,9+1,7
Arbeitslosenquote SGB III3,5+0,7
Arbeitslosenquote SGB II5,4+1,0
Gemeldete Arbeitsstellen875-124
Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit)5.024+529
Unterbeschäftigungsquote10,5+1,0
Originale Zahlen der BA für Worms, Januar 2021

Ergänzt um die Werte aus den davor liegenden 35 Monaten ergibt sich folgendes Bild aus der Zahl der Arbeitssuchenden und der als offen gemeldeten Stellen in Worms:

Arbeitslosenstatistik Worms
Erster Corona-Fall in Deutschland: 27.1.2020, erster Lockdown begann am 22.3.2020 (rote Linien).

Wesentlich in der Darstellung ist das gelbe Band, das die Diskrepanz zwischen den offenen Stellen2 und der sog. Unterbeschäftigung illustriert. So gab es in Worms zu Beginn der Pandemie pro offener Stelle rund 4,5 Arbeitssuchende, heute sind es 5,7 – was einer Zunahme von 28% entspricht.

Unter Unterbeschäftigung versteht man übrigens Menschen, die gerne (mehr) arbeiten würden und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Der Begriff umfasst also auch Menschen, die aus kosmetischen Gründen aus den offiziellen Arbeitslosenzahlen entfernt wurden.3


Die wahren Verlierer der Pandemie

Die wahren Verlierer sind diejenigen Arbeitssuchenden, die durch die Pandemie arbeitslos wurden, aber mittlerweile kein Arbeitslosengeld mehr erhalten. Zur Verbildlichung seien hier beispielsweise Piloten und Beschäftigte in Einzelhandel und Touristik genannt, die bereits während des ersten Lockdowns ihren Job verloren. Deren Chancen, seither neue Arbeit zu finden, waren minimal, und bei vielen lief inzwischen das Arbeitslosengeld aus. Anders als Unternehmen, Selbständige, Künstler, Kaufhof-Opfer (Hunderte Millionen Euro staatliche Hilfsgelder) – wird diese Personengruppe in keiner Weise unterstützt, sofern sie nicht sozialhilfeberechtigt ist. Während man bei Selbständigen noch auf unternehmerisches Risiko verweisen könnte, haben sich diese Menschen auf den Schutz einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung verlassen.

Entsprechend wurden Forderungen nach einer weiteren Verlängerung des Arbeitslosengeldes laut, beispielsweise von dem ehemaligen Wirtschaftsweisen Peter Bofinger oder der Linken. Gehört wurden sie von der Koalition jedoch nicht. Soziale Gerechtigkeit ist anders.


Fußnoten:

1 Warum übrigens die Januar-Zahlen bereits jetzt vorliegen, obwohl der Januar noch gar nicht vorbei ist, konnten wir dem Bericht nicht entnehmen.

2 Etwa die Hälfte der Stellenangebote sind älter als 4 Wochen, zahlreiche Angebote sind älter als ein Jahr. Es dürfte sich zum Großteil um Karteileichen oder Ausschreibungen mit realitätsfernen Konditionen handeln.

3 Leider wurden die BA-Statistiken in vergangenen Jahrzehnten so geschönt, dass man sie nur noch mit der Beißzange anfassen darf. Es ist uns zum Beispiel nicht klar ob in den offiziellen Zahlen der Unterbeschäftigung auch Arbeitssuchende berücksichtigt sind, die sich wegen mangelnder Vermittlungschancen gar nicht erst beim Arbeitsamt melden, z.B. Piloten. Wieso sind Kurzarbeiter aus der Statistik ausgenommen, obwohl sie exakt der Definition der Unterbeschäftigung entsprechen? Sind 58+ jährige Arbeitssuchende, die über ein Jahr kein Jobangebot erhalten haben (sog. 58er-Regel), als Unterbeschäftigte erfasst, obwohl sie in der Statistik nicht mehr als Arbeitslose ausgewiesen werden? Etc. Es würde uns auch interessieren wie viele Menschen in der Statistik überhaupt Arbeitslosengeld erhalten. Der sperrige ausführliche Monatsbericht der BA konnte unsere Fragen nicht klären, zumindest nicht verständlich.